Horizontally revolutionary
Bahnbrechende Innovation in der Wasserkraft

Revolutionär horizontal



Mit der ersten horizontalen sechsdüsigen Peltonmaschine setzt Voith Hydro neue Maßstäbe

Voith Hydro is setting new standards

1  Zweiteilige Verteilleitung.
2  Strahlschutzdach.
3  Konus zur Wasserableitung.

 
 

Mehr als zehn Jahre ließ den Entwicklungsingenieuren von Voith Hydro eine Herausforderung keine Ruhe: Was wäre, wenn wir Peltonturbinen mit drei oder mehr Düsen ohne Leistungseinbußen horizontal anordnen könnten anstatt – wie es heute üblich ist – vertikal?

Könnte man auf diese Weise nicht Wartungsarbeiten und Reparaturen deutlich erleichtern und sicherer gestalten? Außerdem wäre bei Modernisierungen ein Turbinenaustausch ohne größere Baumaßnahmen möglich. Und Neuanlagen würden einen geringeren Aushub und eine kleinere Grundfläche erfordern.

Die ersten Peltonturbinen waren noch horizontal ausgerichtet und mit einer oder zwei Düsen ausgestattet. Wurden sie allerdings mit mehr Düsen gebaut, bremste das Spritzwasser das Laufrad und reduzierte dadurch den Wirkungsgrad. Um mehr Düsen nutzen zu können und dadurch die Leistung zu erhöhen, wurden deshalb ab den 1950er Jahren die Maschinen mit vertikaler Welle verbaut. In dieser Anordnung kann das Spritzwasser ohne größeren Aufwand nach oben und unten abgeleitet werden.

„Wir haben uns die Frage gestellt, wie man die Vorteile einer horizontalen Welle mit den Vorteilen einer sechsdüsigen Anordnung vereinen kann“, erzählt Reiner Mack, Entwicklungsingenieur bei Voith Hydro. Für ihn war schnell klar, dass die Voraussetzung, mehr Düsen in eine horizontale Turbine einbauen zu können, nur eine verbesserte Spritzwasserabfuhr sein kann.

Wir haben uns die Frage gestellt, wie man die Vorteile einer horizontalen Welle mit den Vorteilen einer sechsdüsigen Anordnung vereinen kann.
Reiner Mack, Entwicklungsingenieur bei Voith Hydro
Durlaßboden reservoir, Zillertal valley in Tyrol

Speicher Durlaßboden, Zillertal in Tirol, Österreich: Diese malerische Landschaft ist der Schauplatz einer bahnbrechenden Innovation in der Wasserkraft.

Vorhandenen Raum effektiver nutzen

Wir haben die Methoden in den letzten Jahren so weiterentwickelt, dass auch die Gehäuseströmung oder die Wasserführung unter der Turbine untersucht werden kann. Dieser Fortschritt leistete einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des neuen Konzepts.
Dr. Peter Mössinger, verantwortlich für die numerische Strömungssimulation der Peltonmaschinen

Doch wie ließ sich diese Herausforderung in der Horizontalen lösen? Reiner Mack beschreibt den Ansatz von Voith Hydro so: „Wir nutzen den vorhandenen Raum effektiv durch einen Konus aus, der sowohl als Leitblech für das ausströmende Wasser fungiert als auch als Wasserableitung für das Wasser, das ohne diesen Konus wieder auf das Laufrad zurückfallen würde.“ So konnte vermieden werden, dass das Laufrad durch zurückspritzendes Wasser gebremst wird.

Der Verwirklichung dieses Konzepts gingen komplexe Simulationen und Modellversuche voraus: „Die Dauer des Zusammenwirkens von Wasserstrahl und den Bechern des Peltonlaufrads ist äußerst kurz und beträgt oft nur wenige Millisekunden“, erklärt Dr. Peter Mössinger, verantwortlich für die numerische Strömungssimulation der Peltonmaschinen.

Aus diesem Grund ist die numerische Vorhersage der Becherströmung äußerst komplex und mit großem Aufwand verbunden. „Zudem haben wir die Methoden in den letzten Jahren so weiterentwickelt, dass auch die Gehäuseströmung oder die Wasserführung unter der Turbine untersucht werden kann. Dieser Fortschritt leistete einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung des neuen Konzepts.“

Aber auch die Modellversuchstechnik wurde vor neue Herausforderungen gestellt. „Die größte Schwierigkeit für unsere Modellmaschinen-Konstrukteure war sicherlich, die Flexibilität zur Weiterentwicklung des Gehäuses zu gewährleisten“, erklärt Peter Mössinger. „Nicht alle numerisch entwickelten Varianten bewähren sich auf Anhieb, entsprechend ist Flexibilität in der Modellmaschine sehr wichtig.“

HP3+

HP3+ ist die Bezeichnung von Voith Hydro für horizontale Peltonturbinen mit drei oder mehr Düsen. Durch die höhere Düsenzahl steigt die Leistungsdichte und damit die Drehzahl. Dadurch können Generator und Turbine kleiner gebaut werden.

HP3+

Die Strömungssimulation zeigt unter anderem die Verwirbelungen des Spritzwassers virtuell an.

Alles auf einer Höhe – einfachere Wartung

Die jahrelange Forschungsarbeit hat sich gelohnt, das neue Konzept konnte die Erwartungen erfüllen. HP3+ nennt Voith Hydro die Innovation, was für horizontale Peltonturbinen mit drei oder mehr Düsen steht. Durch die Erhöhung der Düsenzahl steigt die Leistungsdichte und damit auch die Drehzahl. Als Konsequenz können sowohl Generator als auch Turbine kleiner gebaut werden.

Reiner Mack sieht noch einen weiteren großen Vorzug: „Die Wartung einer horizontalen Maschine ist sehr viel einfacher als bei einer vertikalen Welle, denn bei einer horizontalen Anordnung befindet sich alles auf einer Ebene.“ Das Wartungsteam kann für die Instandhaltung auf einem Stockwerk und in der Krafthausumgebung bleiben und hat direkte Sicht auf den Hallenkran. Bei vertikalen Anordnungen muss das Montage-Team oft über mehrere Stockwerke hinweg steigen und dort unter provisorischen Lichtverhältnissen mit Kettenzügen arbeiten. Der Aufwand für eine sichere Arbeitsumgebung ist entsprechend höher. „Unsere Kollegen aus St. Pölten haben sich während der mechanischen Konstruktion für die HP3+ sehr viel einfallen lassen, um bezüglich Wartung schnell und sicher arbeiten zu können“, erzählt Peter Mössinger. „Herausgekommen sind hier ebenfalls innovative Lösungen, die es so vorher nicht gab.“

Hinzu kommt: Vor rund 20 Jahren hat man angefangen, alte Krafthäuser, die mit horizontalen Maschinen ausgestattet waren, komplett zu entkernen, um dann vertikale Maschinen einzusetzen. Dazu mussten bauseitig die Unterwasserkanäle und die gesamte Infrastruktur rückgebaut werden. Weil das Krafthaus zu niedrig ist, um die Wartung einer vertikalen Maschine ordentlich durchzuführen, blieb aber diese Lösung immer ein Kompromiss. „Für eine Generalwartung muss oftmals der gesamte Generator gekippt werden, um den Rotor dann in horizontaler Lage zu demontieren. Das ist natürlich mit einem erheblichen Aufwand verbunden“, erklärt Reiner Mack. Dieser Aufwand entfällt bei einer Weiterverwendung mit horizontalen Einheiten natürlich. Auch sind die baulichen Maßnahmen wesentlich kleiner, da die neuen, horizontalen Maschinen im Idealfall auf die bestehenden Fundamente aufgesetzt werden können.

Unsere Kollegen aus St. Pölten haben sich während der mechanischen Konstruktion für die HP3+ sehr viel einfallen lassen, um bezüglich Wartung schnell und sicher arbeiten zu können. Herausgekommen sind hier ebenfalls innovative Lösungen, die es so vorher nicht gab.
Dr. Peter Mössinger, verantwortlich für die numerische Strömungssimulation der Peltonmaschinen
Durlaßboden reservoir, Zillertal valley in Tyrol - 2

Pilotprojekt am Speicherkraftwerk Gerlos 1 im Zillertal in Tirol

326
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Gerlos wurde im Jahr 1949 eröffnet und erzeugt nun jährlich 326 GWh. Die Anlage versorgt mehr als 70.000 Haushalte mit erneuerbarer Energie. Seit Oktober 2022 ist dort eine innovative horizontale Peltonturbine mit sechs Düsen erfolgreich in Betrieb.

Der Öffentlichkeit vorgestellt wurde die neue Turbine erstmals auf einer führenden internationalen Wasserkraftkonferenz in Wien. Dort stieß das Konzept auf großes Interesse seitens der Wasserkraftbetreiber. Die spannende Frage war jetzt, wie sich die neue Turbine in der Praxis bewähren würde. Das entsprechende Pilotprojekt lief bereits an. Denn schon zuvor war Voith Hydro bei der Suche nach einem geeigneten Unternehmen, das den nötigen Pioniergeist, Mut und auch das technische Verständnis für die neue Lösung mitbrachte, fündig geworden.

Der Kandidat, der diese Voraussetzungen erfüllt, ist das führende österreichische Energiewendeunternehmen Verbund. Dessen Kraftwerk Gerlos 1 ist ein Speicherkraftwerk im Zillertal in Tirol. Es wurde 1949 in Betrieb genommen und weist nun eine Jahreserzeugung von 326 GWh auf. Damit versorgt das Kraftwerk über 70000 Vier-Personen-Haushalte mit erneuerbarer Energie, denn seit Oktober 2022 ist hier die erste sechsdüsige horizontale Peltonturbine erfolgreich in Betrieb. Sie ersetzt die bisher installierten vier zweidüsigen vertikalen Maschinen.

Zwar ist die horizontale Lösung von maschinenbaulicher Seite teurer, die Kunden sparen aber umso mehr auf der baulichen Seite. Denn der Austausch der Turbine ist ohne größeren baulichen Aufwand möglich, was massiv Kosten und Zeit spart. Und dadurch, dass weniger Maschinen im Einsatz sind, reduzieren sich künftig auch die Wartungskosten.

Gerlos - Waterway longitudinal section

Speicherkraftwerke Gerlos, Übersichtslängenschnitt

In Gerlos 1 wurden vier sehr alte vertikale Maschinen durch eine horizontale ersetzt, weil das Krafthaus zu niedrig und auch die Krafthausfläche zu klein war für eine vertikale.
Reiner Mack, Development Engineer, Voith Hydro
Die beiden Krafthäuser Gerlos 1 (rechts) und Gerlos 2 im Zillertal.

Die beiden Krafthäuser Gerlos 1 (rechts) und Gerlos 2 im Zillertal.

Ideal für Modernisierungs­projekte

Das Pilotprojekt zeigt auch deutlich, warum die horizontale Anordnung der Peltonturbinen gerade Modernisierungsprojekten zugutekommt: „In Gerlos 1 wurden vier sehr alte vertikale Maschinen durch eine horizontale ersetzt, weil das Krafthaus zu niedrig und auch die Krafthausfläche zu klein war für eine vertikale“, erklärt Reiner Mack.

In der Spezifikation war ursprünglich eine konventionelle Zwillingsmaschine mit einem Generator und jeweils zwei zweidüsigen Turbinen geplant. Der Bauraum für diese Lösung war allerdings nicht groß genug. „Für unsere HP3+-Lösung konnten wir durch die numerische Entwicklung des Einlaufs wertvollen Platz gewinnen“, ergänzt Peter Mössinger. „Damit konnte die Maschine gut für alle Wartungsarbeiten in der Krafthaushalle platziert werden.“

Auch bei einem zweiten Pilotprojekt bewähren sich diese Vorteile: Im Vermuntwerk in Vorarlberg, das von den Illwerken betrieben wird, werden fünf zweidüsige Maschinen durch zwei Maschinen mit sechs Düsen ersetzt. Die Leistung bleibt dabei gleich. „Zwei Maschinen bedeuten, dass man nur noch zwei Laufräder und zwei Generatoren und auch nur zwei Transformatoren instand halten muss anstatt vorher fünf. Dadurch lassen sich die Wartungskosten erheblich reduzieren.“

Reiner Mack hat die Entwicklung dieser Innovation von Anfang an begleitet. „Den ersten Prototyp einer HP3+ montiert und dann in Betrieb zu sehen, war toll.“ Für ihn ist klar: „Eine Entwicklung wie diese braucht auf der einen Seite innerhalb von Voith Vorgesetzte, die den nötigen Weitblick besitzen, um den Erfolg einer solchen Idee zu sehen. Auf der anderen Seite ist auch ein über viele Jahre kontinuierlicher Zusammenarbeit entstandenes Vertrauen der Kunden in unsere Lösung notwendig. Letztendlich sollen unsere Kunden mit unseren Maschinen zufrieden sein, das ist die Hauptsache.“

Das Pilotprojekt zeigt auch deutlich, warum die horizontale Anordnung der Peltonturbinen gerade Modernisierungsprojekten zugutekommt.

Auch bei einem zweiten Pilotprojekt bewähren sich diese Vorteile: Im Vermuntwerk in Vorarlberg, das von den Illwerken betrieben wird, werden fünf zweidüsige Maschinen durch zwei Maschinen mit sechs Düsen ersetzt. Die Leistung bleibt dabei gleich.

Innovative turbine developers at Voith

Innovative Turbinenentwickler bei Voith: Reiner Mack, Dr. Peter Mössinger und Dr. Jörg Necker.

2022
2022
Das Jahr, in dem die erste horizontale Peltonturbine mit sechs Düsen in Betrieb genommen wurde.
Turbines & shut-off valves by Voith
Turbinen & Absperrorgane

Seit über 100 Jahren entwickelt, baut und installiert Voith hydraulische Maschinen für die Wasserkraftnutzung. In dieser Zeit hat Voith die Entwicklung der unterschiedlichen Turbinentypen entscheidend mit geprägt. Tausende von Wasserkraftwerken weltweit wurden mit Turbinen von Voith ausgestattet. Jahrzehntelange Erfahrung, basierend auf der Auswertung von Betriebsergebnissen unserer Lieferungen, ist uns Stolz und Verpflichtung zugleich.

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Modernisierung

Höchste Zuverlässigkeit und Digitalisierung für Ihr Wasserkraftwerk: Die Modernisierung einer bestehenden Anlage kann eine Herausforderung darstellen. Mit unserer Kompetenz helfen wir Ihnen die beste Lösung zu entwickeln und umzusetzen. Als zuverlässiger und erfahrener Partner verstehen wir Ihre Bedürfnisse und Anforderungen und arbeiten mit Ihnen zusammen, um Ihre Ziele zu erreichen.

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Full-line supplier and reliable transformation partner for hydropower
Komplettanbieter und zuverlässiger Partner im Wandel

Als zuverlässiger Partner seit 150 Jahren bietet Voith alles, was für die effiziente und zukunftsweisende Nutzung der Wasserkraft benötigt wird. Das Portfolio umfasst alle Komponenten für Groß- und Kleinwasserkraftwerke sowie für Pumpspeicherkraftwerke – von Generatoren, Turbinen, Pumpen und Automatisierungssystemen bis hin zu Ersatzteilen, Wartungs- und Schulungsservices sowie digitalen Lösungen für den gesamten Lebenszyklus der Anlagen.

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